Spannende Vergangenheit.

Geschichte

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Alteingesessene St.Galler reden heute noch vom «Milchhüsli» auf Drei Weieren, auf dem Damm zwischen Buebenweiher und Mannenweiher. Und männiglich schwärmt von den «Zimetfladen», «Müller-Glace» oder anderen Köstlichkeiten. An schönen Sommertagen verläuft die Warteschlange der Hungrigen und Durstigen die Holztreppe hinunter bis zu den Umkleidekabinen beim Mannenweiher.

Seinen Ursprung hatte das Milchhüsli 1928 beim Frauenbad. Der Schweizerische Bund abstinenter Frauen SBAF setzte sich mit gleichgesinnten Kreisen für eine alkoholfreie Verpflegungsstätte ein.350 Das Aktionskomitee des Verbandes städtischer Abstinenten-Vereine erhielt 1928 die Bewilligung, ein Häuschen zum Ausschank von Süssmost und Milch sowie eine Senkgrube für die Aufnahme von Spülwasser zu erstellen.351

Die Erstellungskosten betrugen 4500 Franken, die jährliche Entschädigung an die Landbesitzerin Ortsbürgergemeinde 15 Franken. Das 4m lange und 2,50 m breite Häuschen wurde von der Holzbaufirma Theodor Schlatter in St.Gallen erstellt. Es stand am westlichen Lebhag der neuen Liegewiese im Frauenbad. An der Vorder- und Rückseite befand sich ein Schiebefenster. Darüber lagen zwei Holzladen, ein Teil wurde nach oben geklappt und bildete das Vordach, der andere nach vorne und diente als Serviertisch. Im Innern befand sich eine Kochvorrichtung mit zwei Herdplatten.352 Zusätzlich wurden an der östlichen Ecke der Liegewiese und am Badeingang alkoholfreie Getränke und Patisserie von Privaten verkauft.

milchhuesli-geschichte

Das Milchhüsli hatte zu Beginn mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Im ersten kurzen Sommer wurden zwar 640 Liter Süssmost, 200 Liter Pomol, 500 Liter Milch, 3135 Brötchen und 680 Stück Patisserie verkauft. Dennoch entstand ein kleines Defizitvon 19.20 Franken.353 Aber bald wirtschafteten die Frauen erfolgreich. Gross und Klein erstand sich jeweils ein Zehnergläsli Milch und ein Zehnerbrot. Da die Betreiberinnen nicht gewinnorientiert arbeiteten, hielten sie die Preise gering, nicht jedoch ihren Arbeitseinsatz. Emma Pfefferkorn erzählte 1960, sie arbeite jeweils von morgens sieben Uhr bis abends ohne Unterbruch. Mittags verpflege sie nicht selten über 100 Gäste in der Regel mit Suppe, Wurst und Brot. Schon drei Jahre nach seiner Errichtung musste das Milchhüsli vom Frauenbad zum Mannenweiher umziehen, da das neue Cafe «Tanner» (heute Restaurant «Dreilinden») den Verkauf von Esswaren besorgte. Einige Frauen des SBAF monierten, es sei unter ihrer Würde, «Männer, die im Badkleid erscheinen, zu bedienen.»354

Der Erfolg des Milchhüsli bewog auch städtische Gewerbler, ein Gesuch für einen Verkaufsstand zu stellen.355 1949 musste das Milchhüsli renoviert und 1958 wegen Baufälligkeit ersetzt werden, wiederum durch die einheimische Firma Th. Schlatter & Co. Die «Ostschweiz» und das «St.Galler Tagblatt» berichteten am 14. Juni 1958 erfreut über die «sehr zweckmässige Einrichtung» bzw. über das «Maximum an Installationen auf kleinem Raum». Die wahrscheinlich bekannteste Frau auf Drei Weieren war Emma Pfefferkorn, die «Milchhüslimuetter». Von 1940 bis in die 1960er Jahre verkaufte sie ihre legendäre, «mit Liebe gekochte» Suppe. Lokalredaktor Hermann Bauer hielt 1981 in der «Ostschweiz» den Epilog auf das «Milechhüsli».356 Glücklicherweise wurde ein neues Milchhüsli gebaut, welches seither selber einige Veränderungen erlebt hat und aktuell vom Restaurant «Scheitlinsbüchel» geführt wird.

Bildlegende
Das neuerstellte Milchhüsli im Juni 1960,
bei der Wellingtonia im Familienbad. Gross und Klein verpflegten
sich gerne zu bescheidenen Preisen. Spielmann: Dreilinden (1960).

Quellen
350 Zürcher: Apfelsaft bis Zollifilm (1996).
351 StadcASG, XLIII, No 53, Urbar I, f. 158.
352 Nelly Luginbühl, in: «Wegweiser», Juli/August 1930.
353 Zürcher: Apfelsaft bis Zollifilm (1996).
354 Zürcher: Apfelsaft bis Zollifilm (1996).
355 Konditor Paul Ehinger am 24. Mai 1929 für einen Verkaufsstand im Männersonnenbad Möslengut.
356 Ostschweiz vom 6. Februar 1981.
Das neuerstellte Milchhüsli im Juni 1960, bei der Wellingtonia im Familienbad.
Gross und Klein verpflegten sich gerne zu bescheidenen Preisen.
Spielmann: Dreilinden (1960).